Dienstleistung und Mobilität: Diese beiden Bereiche der Arbeitswelt werden sich durch immense, teils wechselseitige Dynamiken besonders stark verändern – und die Veränderungen werden bislang kaum überschaubare Auswirkungen haben auf eine nachhaltige Entwicklung. Daher hat die AG „Zukunft der Arbeit“ Dienstleistungen und Mobilität ins Zentrum ihrer Untersuchungen gerückt. Von diesem exemplarischen Themenfeld ausgehend wird die AG Impulse entwickeln für die politische Gestaltung einer nachhaltigen Arbeitswelt von morgen.
Bei einem Fachgespräch mit Experten hat die AG aktuelle wissenschaftliche Trends und Erkenntnisse zum Thema sondiert, das Gespräch fand im Juni 2018 in Hamburg statt. Im Fokus standen dabei die Aspekte:
- Erwerbstätigkeit im Mobilitätssektor (Input: Luisa Sievers, Fraunhofer ISI)
- Nachhaltige Lebensführung – Dienstleistungsarbeit und Mobilitätswende (Input: Katharina Manderscheid, Universität Hamburg)
- Organisationaler Umgang mit Grand Challenges am Beispiel der SDGs (Input: Ali Aslan Gümüsay, Universität Hamburg)
Zentrale ausgetauschte Ergebnisse und Diskussionspunkte waren:
- Größe des Erwerbsektors: 11 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten in verkehrsbezogenen Wirtschaftsbereichen – womit dieser Erwerbssektor einer der größten ist.
- Etwa zwei Drittel davon entfallen auf Handel und Dienstleistungen: Neben Handel und Instandhaltung von Fahrzeugen ist insbesondere Betrieb und Wartung von Verkehrsinfrastruktur ein bedeutender verkehrsbezogener Dienstleistungssektor.
- Beschäftigungstrends: Die Beschäftigung in den klassischen Verkehrsdienstleistungen könnte zurückgehen. Besonders qualifizierte Fahrerinnen und Fahrer werden voraussichtlich betroffen sein von der Frage: Welche Jobs werden wegfallen oder zunehmend prekarisiert und welche neuen (guten) Arbeitsplätze geschaffen?
- Gleichzeitig könnte dafür die Nachfrage steigen für IT-Komponenten in den Fahrzeugen und für die Bereitstellung und den Betrieb von Infrastruktur und IT-Dienstleistungen.
- Veränderung im Mobilitätsbereich, u. a.: Organisationsformen sind im Umbruch, dabei treten neben der Digitalwirtschaft auch Autokonzerne als (neue) Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen auf. Im Car-Sharing-Bereich bieten stationsgebundene und Free-Floating Anbieter ihre Dienstleistungen an, wer sich hier im Markt durchsetzt ist noch unklar. Es entsteht auch ein Spannungsverhältnis zwischen öffentlichem Verkehr (Daseinsvorsorge) und privater Mobilität.
- Systemische Herausforderungen: Elektrifizierung, Automatisierung, Vernetzung und Sharing sind eng verzahnt – sowohl für eine Mobilitätswende selbst als auch für die damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitswelt. Ein genauer systemischer Blick darauf ist daher unerlässlich für die politische Gestaltung.
- Potenziale für nachhaltige Lebensführung: Eine Aufweichung der Autoabhängigkeit ist möglich, insbesondere im ländlichen Raum. Bessere Inklusion von bislang eingeschränkt mobilen Personengruppen (z. B. Menschen mit Behinderungen) kann leichter werden, etwa durch selbstfahrende Autos; auch eine Entlastung von Fahraufgaben kann erleichtert werden, etwa im Bereich der Sorge-Arbeit.
- Klima-Relevanz: Zur Erreichung der Klimaziele sind deutliche Anstrengungen im Verkehrssektor notwendig. Daher müssen zu den ökonomischen und sozialen Auswirkungen der sich verändernden Arbeitswelt in diesem Bereich auch immer die ökologischen Effekte berücksichtigt werden.
- Globale Relevanz: Beschäftigungseffekte treten nicht nur national auf, sondern auch global. Die Digitalisierung befördert die weltweite Arbeitsteilung in Wertschöpfungsnetzen. Die globale Dimension muss daher immer mitgedacht werden.
- Unbekannte Größen: Bei allen Veränderungen gibt es auch viele unbekannte Größen, unter anderem: Wer werden die Träger technischer Innovationen und neuer Dienstleistungsangebote sein? Wie kann Arbeits- und wirtschaftspolitisch reguliert werden? Wie wird die Entwicklung städtischer Wohnungsmärkte und Siedlungsmuster voranschreiten? Welche Reboundeffekte wird es geben?
Teilgenommen haben:
Jetta Frost (Uni Hamburg, Lenkungskreismitglied wpn2030)
Ali Aslan Gümüsay (Universität Hamburg)
Thomas Holtmann (BDI, Lenkungskreismitglied wpn2030)
Stephan Lessenich (LMU, Lenkungskreismitglied wpn2030)
Kai Lindemann (DGB, Lenkungskreismitglied wpn2030)
Katharina Manderscheid (Universität Hamburg)
Meike Schiek (Fraunhofer ISI), in Vertretung für Marion A. Weissenberger-Eibl (Fraunhofer ISI, Lenkungskreismitglied wpn2030)
Luisa Sievers (Fraunhofer ISI)
Weitere Arbeitsschritte der AG